In den letzten Wochen haben wir die unglaubliche Vielfalt Rumäniens kennengelernt. Wir sind umgeben von imposanten Felswänden, bevor wir die Karpaten zum dritten und letzten Mal in Richtung Osten überqueren. Hier entdecken wir Schlammvulkane und die flachen Flächen der Großen Walachei, bevor wir die Donau erreichen. Danach begegnet uns allerdings keineswegs eine grüne Oase, sondern die ältesten Berge Rumäniens in einer steppenartigen Landschaft.

Viel Spaß beim Lesen!

Nach der beeindruckenden Transfăgărășan müssen wir die Eindrücke erstmal verarbeiten. Als wir am Abend unser Gemüse bereits geschnibbelt haben, kommen wir mit einer Gruppe anderer rumänischer Gäste auf dem Campingplatz in einem Mix aus Spanisch, Englisch, Rumänisch, Händen und Füßen ins Gespräch. Beim Anblick der gefahrenen Kilometer kommen sie aus dem Staunen nicht mehr raus und sind begeistert. Wenig später bekommen wir von ihnen selbstgemachte Marmelade und Honig geschenkt. Doch damit nicht genug, denn ein paar Minuten später kredenzen sie uns noch ein Zwei-Gänge-Menü.
Am nächsten Morgen radeln wir gestärkt am Fuße der Karpaten entlang gen Osten. Die Wolken hängen in den Karpaten und ein Blick auf die Gipfel bleibt uns verwehrt. Die Sicht auf das Bergmassiv ist trotzdem beeindruckend. So radeln wir auf einer weitgehend ebenen, ruhigen und frisch geteerten Straße immer weiter gen Osten. Straßenarbeiten und neue Straßen finden wir auf unserer Reise immer wieder vor. Es wird anscheinend gerade sehr viel Geld in den Ausbau der Infrastruktur gesteckt. Die schlechten Straßenverhältnisse, von denen man im Vorhinein immer wieder gelesen hat, gehören vermutlich bald der Vergangenheit an. Aber es gibt sie noch und wir sind dann immer ganz froh, nicht mit einem Auto auf diesen unterwegs sein zu müssen.

Obwohl uns die Anstrengungen der Karpaten noch in den Beinen stecken, entscheiden wir uns kurzerhand in das malerische Dorf Mǎgura im Nationalpark Piatra Craiului zu radeln. Der Weg zu dem auf über 1.000 Meter liegenden Bergdorf führt über eine Schotterpiste, die sich über zahlreiche, teils extrem steile Serpentinen nach oben windet. Oben angekommen hatten wir einen Blick, der nur einige Meter reichte. Wir befanden uns mitten im Nebel, in den Wolken und im kühlen Nass. Der gefühlte Herbstanfang für uns. Wir stellten unser Zelt im Garten einer Pension auf, bei der es sogar eine Sauna gab. Das schlechte Wetter war dadurch gleich wie weggeblasen! Es folgte eine Nacht mit Dauerregen, heftigen Gewittern und starken Böen. Unser Zelt hat dies alles ohne Probleme überstanden und Sorgen um uns, hatten wohl nur die Leute aus der Pension.

Um die Schluchten des Piatra Craiului zu erkunden, mussten wir noch einen weiteren Tag auf ein einigermaßen passables Wetterfenster warten. Im leichten Nebel starten wir dann zu Fuß mit tierischem Begleitschutz durch die Schluchten und sind direkt wieder beeindruckt von der atemberaubenden Natur!

Am nächsten Morgen hatten wir dann doch noch Glück und konnten einen Blick auf die massive Bergkette erhaschen. Der Grat der gut zehn schroffen Zweitausenderberge Berge, ist ein markanter Höhenzug, der senkrecht zum Hauptkamm der Karpaten verläuft. Ansonsten ist die Gegend eher hügelig und grün. Mit all den kleinen und großen Berghütten erinnert sie uns ein wenig an das Allgäu.

Nach der imposanten Natur radeln wir durch die kleinen schönen Dörfer und Städte Siebenbürgens. Die Architektur der Häuser wirkt beruhigend und harmonisch. Die alten Deckungen aus Mönch und Nonne schimmern in Ocker, Orange, Rot und Braun und verleihen den Dächern so ihren ganz eigenen Charme. Wir radeln vorbei an mittelalterlichen Burgen und Festungen, die hier mit dem Stadtbild verschmelzen. Die Stadt Brașov schmiegt sich ebenso in dieses Bild und wir genießen die Atmosphäre der Altstadt, auch wenn sie uns zunächst mit Regen begrüßt.

Nach mehreren Tagen im kühlen, verregneten Nass wollen wir dem Herbst noch einmal davonradeln. Wir überqueren die Karpaten an einer seichten Stelle zum letzten Mal und erfreuen uns an den wärmenden Sonnenstrahlen auf der Ostseite. Nach 100 Tageskilometern geht es auf einer staubigen Piste nochmal ca. zehn Kilometer ins Nirgendwo, wo ein ganz besonderes Naturschauspiel auf uns wartet: Schlammvulkane! Ja, dass es so etwas gibt, haben wir bis dahin auch noch nicht gewusst. An mehreren Stellen blubbert oder spritzt hier eine graue, schmierige, tonartige, kalte Masse aus dem trockenen Erdboden.  Wieder einmal sind wir einfach nur fasziniert von der Natur!

Im Anschluss verlassen wir die Berge und vor uns liegt die weite, flache Landschaft der großen Walachei. Nichts als Felder, vertrocknete Wiesen und ordentlich Gegenwind, der uns um die Ohren bläst. Um der großen Straße zu entkommen, mühen wir uns im Zick-Zack Stück für Stück gen Osten. Die kleinen Dörfer, die wir ab und an passieren, wirken eher etwas heruntergekommen. Die Menschen begegnen uns immer seltener mit einer freundlichen und offenen Haltung. Der Straßenverkehr wird immer aggressiver und rücksichtsloser. Wir fühlen uns in der Gegend nicht wohl und eine unschöne Begegnung mit einem betrunkenen, verrückten, rumänischen Autofahrer zeigt, dass uns unser Gefühl nicht getäuscht hat. Am Ende sind wir einfach nur froh, als wir die Stadt Brǎila an der Donau erreichen und mit der Fährfahrt über die Donau in der Region Dobrogea ankommen.

Das Grün der Donaulandschaft begleitet uns nur kurz, denn schon bald erreichen wir die Munții Mǎcinului, die ältesten Berge Rumäniens. Diese kargen Felswände sind umgeben von einer gelbbraunen, steppenartigen und trockenen Landschaft. Vereinzelt stehen Bäume zwischen dem dürren Gras. Überall zirpt es und die Heuschrecken springen durch die verdorrten Gräser. Ab und an mit Zwischenstopp auf unseren Oberschenkeln. Die Begegnung mit der hier lebenden, giftigen Hornotter bleibt uns erspart, aber dafür haben wir das Glück, dass eine andere Bewohner:in aus dem Nationalpark unseren Weg kreuzt. Diese einzigartigen Momente fühlen sich immer wie ein Geschenk direkt von Mutter Natur an.

Hier finden wir auch einen wunderschönen Platz zum Zelten unter ein paar schattenspendenden Bäumen. Ein wilder Hund gesellt sich wie so oft zu uns und warten genüsslich auf eine kleine Leckerei. Am Abend bekommen wir Besuch von einer vorbeiziehenden Schaf- und Ziegenherde mit ihrem Schäfer. Der Himmel färbt sich traumhaft schön und der rote Feuerball verschwindet am Horizont in der weiten Steppe zwischen den Bergen. Wir machen ein Feuer zum Kochen und genießen die Ruhe, bevor sich ein einzigartiger Sternenhimmel über unseren Köpfen ausbreitet.

Wir sind sehr beeindruckt von der Vielfalt der Natur Rumäniens, die sich auf den letzten gut 300 km so oft und so deutlich geändert hat. Wir werden durch diese Eindrücke immer wieder aufs Neue gepusht, doch langsam benötigen wir mal wieder eine Pause. Wenn wir auf leicht ansteigenden Geraden bei ordentlich Gegenwind entlangradeln, spüren wir doch deutlich unsere Erschöpfung. Dazu kommt der mentale Stress, den die rücksichtslosen Autofahrer:innen auslösen. Auf den schnurgeraden Straßen brausen sie mit ordentlich Tempo bei minimalem Abstand an uns vorbei. Gegenverkehr in Form eines LKW`s ist da kein Grund die Bremse zu betätigen. Stattdessen wird gehupt, um zu zeigen, wem die Straße gehört. Ab und an bleibt uns nur der Weg in den Schotter neben der Straße. Wir sind unglaublich gestresst und genervt und es fällt uns immer schwerer freundlich zu grüßen. Wir sind jetzt kurz vor dem Donaudelta und freuen uns nun umso mehr auf die ruhige und größtenteils autofreie Gegend!

Schreibe einen Kommentar

Dieser Beitrag hat 3 Kommentare

  1. Rasto

    Dear friends,
    your lovely postcard was one of the greatest surprises of this year 🙂
    There was a MTB Marathon in the very last week of August. In that race in the downhill , all of a sudden, I felt an urgent desire to embrace one tree:) The desire was so strong and appealing that I didn’t slow down and at full speed I crashed it. My collarbone was dislocated and all ligaments were torn apart. Surgery went without complications. I was nailed and wired. So, my body weight went up due to surgical steel inserts in my shoulder.
    Currently I am healing … and the only way I keep the contact with the biking is reading your blogs. Please, keep going and keep writing about your adventures.
    Rasto

    1. Zweiradgefluester

      Ahoj friends, what a pity :-O ! We hope that you will get well soon and that you will soon be able to start your next cycling adventure, but we are sure that Lubka will take great care of you. In the meantime we will write down our last adventures for sure. We are also pleased that our surprise was successful <3 Stay strong. Isi & Bim

  2. Carola

    So ein Glück!!!
    Keine Bärenbekanntschaft, kein schwerwiegender Sturz auf der Schotterpiste, kein Hunde- oder Schlangenbiss und kein Unfall auf der Straße der Rücksichtslosen!
    Welle Wahnsinn was man da so aus der Ferne ein wenig miterleben darf. Die schönsten Fotos (für mich) sind meist die mit Tieren oder Sonnenuntergänge. Dass ihr die Angst vor den Hunden begrenzen konntet, ist auch sehr beeindruckend für mich. Hund böse angucken und ausschimpfen … ich lach mich kaputt. Die alte Frau hat es euch vorgemacht.😀 Rumänien wird euch auf zweierlei Art in Erinnerung bleiben. Ich habe Vorbehalte und die rühren nur von einem einzigen Tag her. Wir waren 1982 in Bulgarien im Urlaub und hatten einen Tagesausflug nach Constanta, Rumänien. Mir war es irgendwie unheimlich da.
    Nun freue ich mich, dass ihr bald aus den Bergen/Karpaten raus kommt. Natürlich seid ihr es ja längst.
    Herzliche Grüße sendet euch Carola