Wir sind ja besonders gern abseits touristischer Pfade unterwegs, aber nach den anstrengenden und kräftezehrenden Wochen, löst das Treffen auf diese in uns diesmal pure Erleichterung aus. Auf dem nördlichen Teil des Thakhek-Loops kommen wir der wunderschönen und vor allem noch intakten Natur Laos näher.
Wir radeln den berühmten, bizarren und spitzen Karstfelsen durch kleine Dörfer entgegen. Schon allein die Anzahl an kleinen Shops zeugt von einer gewissen Zivilisation. Auch weiterhin winken uns die Kinder hochmotiviert vom Straßenrand entgegen und die Dorfbewohner*innen begrüßen uns herzlich. Der Schatten, der hier von den nicht abgefackelten Bäumen auf uns fällt, tut sehr gut und wir radeln direkt mit neuer Energie und irgendwie beflügelt den ersten, steilen Anstieg durch einen wunderschönen Regenwald hinauf.
Oben angekommen machen wir am Rock Viewpoint eine kurze Wanderung auf der aufwendigen, baulichen Konstruktion, die über die spitzen Felsen und durch den verwunschenen Wald führt.
Im Anschluss rollen wir wieder hinab durch den kühlen Wald und erreichen das flache, heiße Tal zwischen den interessanten Felsformationen. Am Fluss Nam Hai finden wir einen gemütlichen Bungalow im Grünen bei einem sehr liebenswerten, älteren, laotischen Pärchen, wo wir endlich mal wieder ein bisschen entspannen wollen.
Dachten wir zumindest, denn unser Ausflug zum Nam Sanam Wasserfall am nächsten Morgen wird doch noch ein größeres Abenteuer als gedacht. Als wir mit den Rädern nicht mehr weiterkommen, schlagen wir uns irgendwie zu Fuß durch den dichten Dschungel vorbei an unzähligen, wunderschönen Baumriesen. Bei der Ankunft sind wir völlig verschwitzt, aber die Strapazen sind schnell wieder vergessen, denn wir haben den Wasserfall in dieser atemberaubenden Naturkulisse ganz für uns allein. Im kühlen Nass lässt es sich gut aushalten, bevor es durchs Gestrüpp wieder zurück zu unseren Rädern geht.
Das Essen unserer beiden Gastgeber ist einfach nur köstlich. Die Mangos aus dem eigenen Garten sind da nur das i-Tüpfelchen. Wir sind endlich mal wieder satt und fühlen uns wie im Paradies gestrandet.
Von dem einen Paradies geht es für uns gleich ins Nächste. Wir radeln durch die Ebene in Richtung der berühmten Konglor Cave.
Unsere Unterkunft, eine kleine Bambushütte inmitten eines Waldes mit exotischen Pflanzen, ist ein Traum und wohl auch das, was wir uns insgeheim von Laos erhofft hatten. Die Bungalows sind über Stege erreichbar und stehen selbst auf Stelzen, womöglich um kleine Tiere und Schlangen fern zu halten.
Von Nahin sind wir ca. 40 Kilometer bis nach Kong Lor geradelt. Eine Sackgasse, zumindest für uns, aber ein wunderschöner Umweg. Die Strecke verläuft durch ein flaches Tal, deren Flanken aus Karstfelsen bestehen. Das Tal wird immer enger und am Ende steht man tatsächlich in einer natürlichen Sackgasse. Nur der Fluss, der Nam Hinboun, kennt den weiteren Weg und verschwindet in einem kleinen Höhlenschlund.
Auf einem kleinen, länglichen Holzboot mit Motor geht es ins Dunkel. Es ist ziemlich faszinierend, denn seit der Erkundung der Höhle, ist dies keine Sackgasse mehr und man erreicht nach einer ca. sieben Kilometer langen Flussfahrt die andere Seite.
Was die Fahrt für uns so authentisch macht, ist der lustige Zufall, dass neben uns eine Frau im Boot sitzt, die wohl auf der anderen Seite wohnt. Wir tragen ihr die schweren Säcke mit in den Kahn, die sie wohl gerade auf dem Markt gekauft hat. Es zappelt noch in dem Sack und irgendwann gibt sich der Zweibeiner im Inneren durch ein verwirrtes Schnattern zu erkennen.
Die Fahrt durch die Höhle ist faszinierend. Teilweise müssen wir aussteigen, denn das Boot muss aufgrund des Niedrigwassers der Trockenzeit über die flachen Stellen gezogen werden. Wir laufen über einen Sandstrand. Ohne unsere Stirnlampen wäre es hier stockdunkel. Von der Decke tropft das Wasser, neben dem plätschernden Fluss das einzige Geräusch.
Irgendwann strahlt uns wieder Tageslicht entgegen. Wir erreichen die andere Seite. Die Frau verabschiedet sich und wir fahren nach einer kurzen Pause wieder zurück, einfach faszinierend! Aber wie faszinierend muss die Entdeckung erst gewesen sein. Als man bemerkt hat, man kann einfach durch eine dunkle, schwarze Höhle fahren und kommt auf der anderen Seite wieder heraus. In einem Dorf, dass man sonst wohl nie erreicht hätte, weil der Weg über die Berge so lang ist.
Wir hätten auch unsere Fahrräder auf dem Boot mitnehmen und unsere Reise auf der anderen Seite fortsetzen können. Über eine sandige und steinige Piste kann man durch das abgelegene Natane-Tal dann zurück zur Hauptstraße radeln. Es soll wohl eine sehr schöne Strecke durch abgelegene Dörfer sein. Wir überlegen kurz und gestehen uns ein, dass uns dafür im Moment einfach die Energie fehlt.
Wir gönnen uns stattdessen noch einen weiteren Tag in dem kleinen Paradies auf Stelzen, was aufgrund der dünnen Wände auch nur dann ein Paradies ist, wenn sich die Nachbar*innen nicht allzu laut im nächtlichen Summen verlieren.
Mit einem Kajak erkunden wir am nächsten Morgen einen Seitenarm des Nam Hinboun. Wir gleiten über das ruhige und spiegelglatte Wasser, bedeckt mit einer leichten Nebelschicht. Ab und an flackern die Sonnenstrahlen durch die Blätter hindurch. Die Vegetation greift nach dem Fluss. Bäume ranken hinüber, bilden einen Tunnel aus Grün, Lianen hängen herunter und auch aus dem Wasser spießen alte Bäume heraus, Treibholz. Hebt man den Blick über die Baumkronen erspäht man die bewachsenen Karstfelsen. Es ist eine so wunderschöne Szenerie.
Während der kleinen Pause kann man recht schnell vergessen, wie anstrengend das Terrain in Laos doch ist. Etwas übermotiviert werden wir, zurück auf den Rädern, schon bald von der hügeligen Realität gepaart mit der schwül, heißen Mittagssonne eingeholt. Unser nächstes Ziel ist jedoch Motivation genug sich weiter zu quälen.
Am Rande der Karstfelsen befindet sich ein Cool Pool, der seinem Namen alle Ehre macht. Der Sprung in die kühle Flussquelle wirkt schon fast wie ein Temperaturschock, tut jedoch so unglaublich gut! Wir richten uns unter einem kleinen Unterstand ein, lassen uns die frischen Mangos und Litschis vom Baum schmecken und kommen endlich mal wieder zum Kochen! Außerdem werden wir hier zum ersten Mal seit einer Ewigkeit wieder im Zelt schlafen.
Die Freude darüber hält zumindest so lang an, bis wir am Abend in genau dieses hineinkriechen und gefühlt in einer Sauna landen. Hat uns unsere Villa Sonnenschein bis her so gute Dienste geleistet, für diese Gefilde ist es einfach das falsche Zelt. Die Luft steht und heizt sich unglaublich auf.
Unseren Plan B, einfach unter dem Moskitonetz zu schlafen, können wir auch vergessen. Über uns braut sich ein Gewitter zusammen, dessen grollende Donner nur so von den Felsen wiederhallen. Dann ergießt sich ein Starkregen über uns. Wir wissen nicht, ob es durch das Zelt hindurchregnet oder einfach nur die unglaubliche Luftfeuchtigkeit im Inneren zur Tropfenbildung beiträgt. Die Pfützen auf dem Boden kommen alle mal von außen.
Es ist eine fürchterliche Nacht, in der man sich zwischen Luftzufuhr und Mücken entscheiden muss.
Für uns geht es weiter gen Osten. Schon bald legen wir einen kleinen Zwischenstopp an der Straße ein, um etwas abzuholen. Wir haben nämlich ein Kleid in der netten Unterkunft am Fluss liegenlassen. Leider würde die Rückfahrt bedeuten, dass wir wieder über den Berg müssen. Der nette Opi hatte dann am Telefon gestern Abend gleich die Idee, es uns mit einem Paket hinterherzusenden, aber nicht etwa mit der Post, wie wir es kennen. Er hat es in eine Plastiktüte gestopft und bei einem songthaeo abgegeben, welches in unsere Richtung fährt.
Bei den hiesigen Sammeltaxis handelt es sich um umgebaute Nutzfahrzeuge. Wir sind zunächst skeptisch, ob die Sache wirklich funktioniert, werden aber mal wieder eines Besseren belehrt, denn die Tüte liegt tatsächlich am nächsten Tag im vereinbarten Gästehaus. Warum kompliziert, wenn es auch einfach geht.
Die Dragon Cave erreichen wir in der Mittagshitze. Wir besichtigen sie aufgrund der bepackten Räder getrennt, aber zum Glück gibt es davor ein Café mit Schatten. Schon allein die Flora und Fauna sowie die Buddhafiguren, die die Höhle umgeben, sind beeindruckend.
Zunächst sind ein paar Meter geduckt auf einem Holzsteg zu überwinden, bevor man in einer sehr eindrucksvollen Halle landet. Dort angekommen kann man die große Kammer voller Stalaktiten und Stalagmiten auf eigenen Wegen erkunden. Die Besichtigung wird für uns beide ein Highlight, da wir die Höhle jeweils ganz für uns allein haben. Nur ein paar Fledermäuse flattern herum. Ansonsten ist es komplett still und man hört einzig und allein das hallende Tropfen von den feuchten Wänden.
Auf unserem Weg werden wir immer wieder von wunderschönen und teilweise riesigen Schmetterlingen begleitet, die in einer enormen Geschwindigkeit um uns herumflattern. Manchmal werden sie von den motorisierten Gefährten verletzt und wir retten sie von der Straße. Bei ihren ruckartigen, flinken Bewegungen ist das die einzige Möglichkeit, sie fotografisch festzuhalten.
Lak Xao war einst für seinen Markt und vor allem das exotische Angebot an Tieren bekannt, welche hier von Vietnam nach Thailand verkauft wurden. Heute werden zwar vor allem Dinge des täglichen Bedarfs gehandelt, aber für uns sind diese noch immer ziemlich exotisch. Nichts für schwache Nerven und schon gar nichts für Tierliebhaber*innen. Dennoch ist es spannend noch einmal einen riesigen, laotischen Markt sehen zu können.
Wir biegen von der Straße 8 gen Süden ab und lassen damit die Karstkulisse vorerst hinter uns. Felder und kleine Dörfer kreuzen unseren Weg, bevor wir noch einmal ordentlich nach oben strampeln müssen, um durch Busch und Dschungel das Nakai-Plateau zu erreichen.
Einige Abschnitte sind hier vor Jahren im 450 km² großen Stausee des Nam-Theun-II-Damms versunken. Durch das Projekt sind 15 Dörfer verschwunden, zahlreiche Menschen wurden umgesiedelt. Das dazugehörige Kraftwerk ist das größte von Laos, die meiste Energie fließt jedoch nach Thailand.
Durch die vielen, abgestorbenen Bäume erinnert uns der flache Stausee eher an ein Moor. Das Bild wirkt ein wenig trostlos und wir fragen uns, was dieses Projekt wohl für soziale und ökologische Folgen mit sich bringt.
In Thalang kommen wir im Sabaidee Gästehaus unter. Schon oft haben wir von anderen Reisenden gehört, dass es hier ein allabendliches all-you-can-eat Barbecuebuffet geben soll. Nach den entbehrungsreichen Wochen, die wahrscheinlich einige hier hatten, wollen auch wir uns die Chance satt zu werden nicht entgehen lassen.
Doch bevor es so weit ist, freuen wir uns darüber, schon am zeitigen Nachmittag und vor allem vorm Regen da zu sein. Heute schüttet es wie aus Eimern. Außerdem sind wir auch vor all den Menschen da, die am Abend noch eintrudeln werden und haben die Gelegenheit bei der Avocadoernte im Garten dabei zu sein. Am Abend verwandelt sich die entspannte Atmosphäre in eine volle, laute und trubelige Hostel- und Backpackerszenerie.
Wir verlassen den Thakhek Loop und rollen in Richtung vietnamesische Grenze. Die Gegend behält ihre natürliche Schönheit. Wir genießen es durch den intakten Regenwald zwischen den Karstbergen zu radeln. Die touristischen Einrichtungen verschwinden. Es gibt wieder Pho und Reis, aber auch wieder mehr Warnschilder vor nicht explodierten Bomben und Munition.
Immer wieder sehen wir kleine Teams der internationalen Räumorganisationen, die in müßiger, gefährlicher und nicht enden wollender Arbeit den Boden dekontaminieren. Wir befinden uns wieder auf dem sogenannten Ho-Chi-Minh-Pfad, der strategischen Versorgungsroute während des Indochinakrieges. Hier wurden einst Güter von Nord nach Süd transportiert, was wiederum zu den Bombardierungen durch die US-Fliegerstaffel beitrug. Kurz vor der Grenze befindet sich ein Knotenpunkt des Pfades, das Ausmaß der hier abgeworfenen Bomben ist ein Grauen.
Ein Mann, der hier für eine internationale Organisation arbeitet, erzählt uns, dass hier die höchste Bombendichte des ganzen Landes sei und ihm dieses Ausmaß beim Blick auf seine Drohnenbilder mit all den unzähligen kleinen und großen Kratern noch einmal deutlicher wurde. Auch für uns ist es beim Radeln in dieser paradiesischen Kulisse einfach immer wieder unvorstellbar, was sich hier einst abgespielt hat.
Es sind unsere letzten Tage und ein wenig sind wir auch froh, wieder nach Vietnam zurückzukehren. Einerseits, weil wir uns unglaublich auf Vietnam freuen und andererseits, weil wir einfach nicht zur richtigen Zeit hier sowie in der richtigen Verfassung für Laos waren.
Wir hatten wohl ein falsches Bild, zu hohe Erwartungen. Wobei das auch nicht so ganz zutrifft. Wir haben uns auf das Campen gefreut und mussten dann schmerzlich feststellen, was es heißt kurz vor der Regenzeit bei schwülen Temperaturen in den Tropen zu campen. Wobei das in den Wintermonaten nach der Regenzeit wieder ganz anders aussehen kann. Wir hatten Heißhunger auf südostasiatisches Essen, welches wir nur aus Deutschland kennen. Nun wissen wir, wieviel dieses Essen mit der eigentlichen Realität zu tun hat. Die Essenssuche in den abgelegenen Gebieten hat uns zur Verzweiflung gebracht, wir hatten einfach nur noch Hunger. Wir haben einfach nicht damit gerechnet, dass wir uns hier, ähnlich wie einst in Kirgistan, für mehrere Tage hätten eindecken sollen. Uns fehlten hier wohl sowohl die Ruhe als auch die Energie, um sich auf all dies einzulassen.
Trotzdem denken wir auch gern an die Erlebnisse in Laos zurück, denn die Momente mit den Menschen waren sehr oft so ehrlich und erfüllend, dass die Motivation trotz all der widrigen Umstände schnell wieder in uns entflammte. Auch die berauschende Natur hatte einen großen Einfluss auf uns, wenn sie uns denn in ihrer intakten Ursprünglichkeit entgegenstrahlte.
Wer weiß, vielleicht haben wir ja beim nächsten Mal einfach mehr Energie. In jedem Fall sind wir jetzt um einige Erfahrungen reicher, auch wenn wir dafür einige Schwierigkeiten meistern mussten.
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Liebe Urlauber! Es freut uns, dass jetzt alles urlaubsmäßiger läuft und die Wetter- und Verpflegungssituation besser wird! Das hebt doch gleich die Stimmung…. Einige Fotos sehen so toll aus wie aus dem Reiseprospekt. Diese riesigen, begrünten Felsen und eine kleine Radfahrerin unten im Bild…. Die kegelförmigen Strohhüte sind wohl wirklich nötig und nicht nur dekorativ…. Wir wünschen euch einen Ort, an dem ihr euch erholen und länger bleiben könnt. Immer nur Strapazen, das macht keinen Spaß und keinen Sinn!
Wir haben gerade thailändisches Essen von Shop gegessen und an euch gedacht. Hoffentlich könnt ihr auch bald wieder gut essen…. Stürmische Grüße aus Kiel, wo die Kieler Woche auch schon wieder seit einer Woche vorbei ist…. Renate und Karen 👋👋⛵⛱️🚤🛥️