In Rumäniens Nordwesten tauchen wir ein in eine andere Welt, die uns entzückt und begeistert. Es fühlt sich ein bisschen wie nach einer Zeitreise an, als wir in die märchenhafte Welt voller Holzkunst, Handarbeit, malerischer Landschaften und Dorfleben nach Maramureş radeln.
In Baia Mare begeben wir uns auf die Suche nach ein paar detaillierteren Karten und möglichen Radwegen für die Region. Was zunächst nach einem Gefängnis aussieht, entpuppt sich letztendlich doch als das von uns gesuchte Büro der Asociatia EcoLogic, einer rumänischen Ökoorganisation, welche ein Tourismusprojekt namens „maramuresgreenways“ ins Leben gerufen hat. Die netten Mitarbeiterinnen freuen sich über unseren Besuch, wir schauen gemeinsam nach guten Radwegen, sie schenken uns Karten und geben uns noch ein paar hilfreiche Tipps zum Umgang mit Bären und Shepherddogs.
Nachdem wir uns auf dem Markt noch einmal mit leckeren Sachen eingedeckt haben, radeln wir zunächst mit Blick auf die bewaldeten Hügel der Maramureş bis an den Baraj Firiza. Dort treffen wir zufällig den Direktor vom Kunstmuseum aus Baia Mare an unserem Schlafplätzchen, der uns direkt kostenlos in sein Museum einlädt. Leider hätten wir dafür nochmal den Berg hinunterfahren müssen. Er war an diesem Abend nicht der Einzige, der uns auf etwas eingeladen hat. In zahlreichen Gesprächen am See haben wir viele Tipps für die Region und beste Wünsche für unsere Reise bekommen.
Am nächsten Morgen werden wir von einem Buntspecht geweckt, der an unseren Hängemattenbaum hämmert. Dank ihm können wir heute mal früh starten und wir fahren an wunderschönen kleinen Häusern vorbei, bevor wir wieder ordentlich strampeln müssen, um die südliche Bergkette des Munții Maramureșului zu überwinden, die auch als „Tor nach Maramureş“ gilt. Unsere Klingeln benutzen wir ab jetzt als Bärenwarnsystem, denn irgendwie ist es doch ein komisches Gefühl durch kilometerlange, menschenleere Wälder mit der höchsten Bärenpopulation von Europa zu radeln. Der Weg nach oben fühlt sich hier besonders anstrengend an, was vermutlich an der irgendwann nicht mehr existenten Straße liegt, die hier zu einem Kiesfeldweg wird, auf dem die Räder des Öfteren wegrutschen. Doch die Strapazen lohnen sich, denn im Anschluss können wir den Blick auf die verträumte Landschaft und eine Serpentinabfahrt auf einer richtigen Straße mit wenig Verkehr genießen.
Im Maratal angekommen radeln wir durch malerische, rumänische Dörfer. Überall erblicken wir die hübsch aufgetürmten Heuhaufen, wunderschöne Holztore und Holzkirchen. Acht der mittelalterlichen Holzkirchen aus dem 17. und 18. Jahrhundert sind von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt worden. Darüber hinaus entdecken wir noch viele weitere, vor allem auch neu gebaute Holzkirchen. Ab und an hatten wir Glück und konnten sogar einen Blick in die Kirchen werfen. Das Innere überraschte uns erneut. Gut erhaltene Zeichnungen zierten die alten Holzbalken. Außerdem waren der Fußboden und teilweise die Wände mit typischen, bunten Teppichen der Maramuren ausgelegt.
Neben den Holzkirchen fallen auch die pompösen Holztore der einzelnen Holzhäuser auf, welche als Barriere für das Böse gelten, denn sie sollen die Schwelle zwischen der Öffentlichkeit des Dorfes und der Privatheit des Hauses darstellen. Die Tore und Häuser sind ebenfalls ein kleines Kunstwerk und haben oft viele kleine, geschnitzte Details in sich verborgen. In Bârsana treffen wir einen alten Holzschnitzer und schauen uns in seinem kleinen Museum um.
Im Valea Izei (Iza-Tal) besichtigen wir auch das Mănăstirea Soborul Sfinților 12 Apostoli, ein relativ neues, orthodoxes Nonnenkloster mit einem liebevoll angelegten Garten, welches Anfang der 90er Jahre durch örtliche Handwerker im traditionellen Stil aus Eichenholz und Flusssteinen errichtet wurde.
Immer wieder begegnen uns auch die bunt geschmückten „Topfbäume“ in den Gärten. Wir erfahren, dass sie den Hausfrauen damals nicht nur zum Trocknen der Töpfe dienten, sondern sie sollten auch zeigen, dass im Haus eine heiratswillige, junge Frau wohnte. Je mehr Töpfe an den Bäumen hingen, desto größer fiel wohl die Mitgift aus.
In den Dörfern herrscht tagsüber ein reges Treiben. Wir sehen viele ältere Menschen bei der Heuernte. Am Abend, nach getaner Arbeit, sitzen die Omis mit Kopftuch und Schürze und die Opis mit Strohhut dann auf ihren kleinen Bänken vor dem Gartenzaun mit Blick auf die Straße. Manchmal haben die Bänke sogar eine Polsterung und manchmal ein Dach. Wenn wir dann mit unseren Rädern vorbeikommen, ernten wir staunende Blicke, fröhliches Lächeln und ein nettes „Bună ziua”.
Die rumänischen Dörfer sind im Allgemeinen oft kilometerlang und haben meist nur Häuser links und rechts der hindurchführenden Straße. Es liegt meist ein rauchiger Geruch in der Luft und es riecht zudem nach Huhn, Schwein, Kuh und Pferd, aber nicht unangenehm, sondern auf eine sehr beruhigende, natürliche Art und Weise. Ab und an klapperte eine Pferdekutsche an uns vorbei und das Hallen der Hufe auf dem Untergrund ergänzte das Gewusel in den Gärten.
Es ist sehr harmonisch, aber auch hier ist der Wandel in die moderne Welt deutlich spürbar, er kommt sehr schnell und so prallen hier die Gegensätze aufeinander. Pferdkutschen werden oft von den neusten SUV`s überholt. Wir sehen Omis und Opis, die in ihr Smartphone schreien, damit man sie versteht. Neben schönen alten Holzhäusern werden immer mehr Neubauten aus Mauerwerk und Beton hochgezogen, deren Fassaden in schrillen Farben ertönen. Es fühlt sich an wie eine Mischung aus der Vergangenheit und der Gegenwart.
Sehr oft sehen wir deutsche, österreichische, belgische, britische, italienische, spanische und französische Kennzeichen auf der Straße, doch fast immer sind es Rumän:innen, die in Westeuropa arbeiten und ihren Urlaub in Rumänien verbringen. Einige machen dies, um ihre Familien endlich wieder zu sehen, da sie im Ausland arbeiten. In Rumänien haben sie wohl nicht die Chance einen gleichwertigen Lohn zu verdienen, der ihren Familien einen höheren Lebensstandard ermöglicht. Andere leben in Westeuropa und wollen einfach nur Rumänien als Urlaubsziel genießen. Wir können das gut nachvollziehen, denn es ist einfach wunderschön hier und wir fragen uns, warum wir in der besten Urlaubszeit so wenige westeuropäische Tourist:innen sehen.
Es fühlt sich an als haben die Rumänen eine starke Bindung zu ihrer Heimat, egal wo sie gerade arbeiten oder leben. Rumänische Fahnen sieht man sehr oft und es ist gefühlt keineswegs so, dass die Region von Abwanderung betroffen ist. Überall wird gebaut, von staatlichen Großprojekten bis zum privaten Hausbau. Wir erfahren auch, dass es gar nicht so einfach ist ein Grundstück zu bekommen, weil es schlicht nichts gibt, was zum Verkauf steht. Es bleibt nur zu hoffen, dass sich die wirtschaftliche Lage des Landes so verbessert, dass die Menschen nicht mehr gezwungen sind in andere Länder zu pendeln, um da zu arbeiten, sondern da leben und arbeiten können wo sie wollen.
Gegen Abend erreichen wir das kleine Bergdorf Botiza und sind auf der Suche nach einem Schlafplatz. Wir haben gehört, dass man einfach bei Pensionen fragen soll, ob man das Zelt im Garten aufstellen kann. Nur leider hatten die Pensionen in dem kleinen Bergort nicht wirklich einen Garten und wir waren mal wieder planlos. Als wir über einen Gartenzaun fragten, wo man denn hier zelten könne, holte die Frau direkt ihre Tochter, da die im Gegenteil zu ihr Englisch spricht. Jasmina telefonierte für uns die Pensionen des Dorfes ab und begleitete uns anschließend mit ihren beiden Schwestern zu einer davon. Als wir bemerkten, dass wir jetzt gleich ein richtiges Zimmer bekommen sollten, klärten wir das Missverständnis auf und sagten ihr, dass wir eigentlich nur eine Wiese für unser Zelt suchten. Da meinte sie, wir können einfach gegenüber vor dem alten Haus ihrer Oma zelten! Da musste selbst die Frau von der Pension lachen.
Unter den neugierigen Blicken der Familie aus der Pension bauten wir gegenüber unser Zelt auf. Später zeigte uns die Omi noch, wo wir Wasser herbekommen, von der Kuhtränke unter der Linde. Auf die Geste, ob wir uns da auch waschen können, brachte sie uns mit einem Lächeln im Gesicht einen Eimer, mit dem wir uns abspülen konnten.
Ein letztes Mal mussten wir in Maramureş auf knapp 1.000 m hinauf, über das „Tor der Maramureş“ hinaus aus einer der schönsten Regionen, die wir bis jetzt auf unsere Reise sehen durften. Die Serpentinenstraße war zwar kräfteraubend aber doch ganz machbar für uns. Problematisch wurde es erst gegen Abend, als wir dachten, wir hätten es schon fast geschafft. Eine „gelbe“ Straße führt über eine kleine Hügelkette. Doch die Straße änderte sich von Teer zu grobem Schotter, zu einem Waldweg, zu einer Motocrossstrecke, zu einem Weg auf einer Wiese, zu einem schlammigen Waldweg, bis sie schlussendlich in einer Baustelle endete. Man weiß halt nie was man bekommt…
Liebe Bärenfreunde! Neben der Landschaft sind die geschnitzten Holzgebäude und mosaikartig verzierten Häuser sicher etwas ganz besonderes . Die Menschen scheinen auch sehr nett zu sein. Gerade war auf NDR 3 wieder ein Bericht, wie hier ein Spargelbauer die rumänischen Saisonarbeiter ausgebeutet hat. Es wäre wirklich gut, wenn diese Menschen sich zu Hause ernähren könnten. …
Bimi & Isi,
we are following your story. It’s exciting, it’s educational and it’s discovering. This time Romania. You are breaking all our prejudices about the country. We are particularly impressed by the wood carving, wood craftsmanship and wood architecture.
After all, your trip is very much about breaking our paradigms and prejudices.
We wish you safe journey and looking forward to your next blog.
PS.
Do you still remember that big, centuries old, linden tree in front of the village church.
Unfortunately, that tree had fallen during recent wind storm that passed through our village 🙁
With that tree also big part of village history had gone.
As silent witness it was watching all the good times and bad times the country had gone through.
Lubka and Rasto