Wir tauchen ein in die Antike Welt und lassen uns faszinieren von jahrtausendealten Gebäuden und anderen archäologischen Funden. Auf dem Weg zum Mittelmeer durchqueren wir fruchtbare Täler und eine wunderschöne Bergwelt.
Hinter Izmir gesellen sich zu den Olivenbäumen immer mehr Orangenbäume. Am Straßenhand finden sich viele Verkaufsstände mit frischem Obst. Auch die braunen Straßenschilder mit historischen Sehenswürdigkeiten häufen sich, denn hier gibt es neben der bekannten antiken Stadt Efes noch viele weitere Ausgrabungsstätten aus vergangenen Zeiten. Auf dem Weg nach Efes radeln wir bei feinstem Sonnenschein zunächst wieder entlang der wundervollen Küste mit Blick auf eindrucksvolle Bergpanoramen, bevor wir eine Ebene erreichen, die in einem wunderschönen Grün und Gold erstrahlt. Neben unzähligen Orangen- und Feigenplantagen werden hier vor allem Granatapfelbäume angebaut, deren Blätter sich nun schon herbstlich golden zeigen und einen wunderbaren Kontrast zu den pinkrot strahlenden Früchten bilden.
Da wir doch einige Kilometer ins Landesinnere fahren müssen, um die Ruinen von Efes zu besichtigen, kann man sich kaum vorstellen, dass es sich um eine ehemalige Hafenstadt am Meer handelt. Doch Sedimentation und geologogische Veränderungen haben die Küstenlinie im Laufe der Jahre immer weiter verschoben. Efes gleicht einem riesigen Puzzle und noch längst ist kein Ende in Sicht, denn Schätzungen zufolge hat man noch nicht mal ein Viertel der ursprünglichen Stadt ausgebuddelt. Wenn man durch die antike Stadt läuft, kann man sich gut vorstellen wie quirlig es hier wohl mal war, aber dennoch bleibt immer das Problem mit der Geschichte, dass man es niemals ganz genau wissen kann. Besonders beeindruckend finden wir, was es damals schon alles gab und wie sehr die ausgegrabenen Werkzeuge, Gefäße und Schmuckstücke unseren heutigen ähneln.
Wir verlassen die Ägäisküste und erklimmen die erste kleine Bergkette in Richtung Osten. Tritt für Tritt, Meter für Meter kurbeln wir unsere Räder bei strahlendem Sonnenschein immer weiter nach oben. Der Straßenverkehr der großen Straße ist unangenehm, die Straße ist nur zweispurig und der Seitenstreifen ist teilweise nicht vorhanden. Immer wieder müssen wir auf die Fahrbahn ausweichen und mit LKWs und vorbeirauschenden Autos um etwas Platz konkurrieren. Dann wird die Bundesstraße zur Baustelle, es wird noch enger und wir weichen auf die halbfertige Baustellenstraße aus und passieren Baumaschinen und grüßende Straßenarbeiter. Hinter der Baustelle erblicken wir einen wunderbaren, frisch asphaltierten Seitenstreifen, auf dem wir ganz entspannt ins Tal des großen Mäanders rollen können.
In Ortaklar können wir die Bundesstraße endlich verlassen und radeln auf gemütlichen Straßen durch kleine Dörfer und hügelige Oliven- und Feigenhaine bis nach Aydın. Wir können heut bei Fatih unterkommen. Er hat eine Bar im Zentrum der Stadt. Wir treffen uns in der „Collective“ und er zeigt uns seine Bar über mehrere Etagen.
Wir stellen die Räder ab und begleiten Fatih auf seiner Besorgungstour durch die Stadt. Es ist Freitag und heute Abend wird es voll. Wir fahren zu einem Kaffeehändler, in einen Großmarkt wie die Metro und zu guter Letzt zu einem Freund von ihm. Er hat einen Friseursalon in einer belebten Straße von Aydın. Wir sitzen auf einem bunten Stuhlsortiment aus Holzhocker, Büro-, und Plastikstuhl vor dem Salon und plaudern. Der „Teebringer“ der Straße kommt vorbei und wir trinken einen Çay. Währenddessen füttert Fatih`s Freund die Straßenhunde, schneidet kurz eine Pflanze auf der Straße aus, gesellt sich zu uns und ist auch schon wieder woanders und spricht mit einem anderen Mann. Es ist eine schöne Atmosphäre, denn es fühlt sich an, als ob die ganze Straße im Einklang miteinander lebt. Alle agieren mit allen, während sie ihre eigenen Dinge tun.
Danach bringt Fatih uns in seine Wohnung. Wir nehmen eine Dusche und verschnaufen kurz. Später gehen wir wieder in die Bar, die sich allmählich füllt. Fatih erzählt uns, dass er nach mehreren unterschiedlichen Jobs mit seiner Bar ein wunderbares Projekt gefunden hat, was ihn zwar sehr viel Arbeit kostet, er damit aber richtig zufrieden ist. Eine Sache, die man ihm auch ansieht, wenn er nach jedem kurzen Plausch mit uns in der Bar herumwuselt. Wir haben einen schönen Abend mit Pizza, Bier, Wein und elektronischer Genussmusik über den Dächern von Aydin.
Wir folgen dem Verlauf des Großen Mäanders nach Osten. Er ebnet uns einen flachen Weg zwischen den zwei großen Bergketten im Norden und Süden, aber wirklich zu Gesicht bekommen wir den Fluss nicht. Es ist Herbst, Erntezeit in einer der wohl fruchtbarsten Regionen der Türkei. Vor allem die äußerst leckeren, saftigen Granatäpfel verfeinern ab jetzt jede unserer Mahlzeiten oder sind gar das alleinige Hauptgericht. Wir pflücken die großen, aufgeplatzten nar direkt am Straßenrand von kleinen Plantagen oder bekommen sie von freundlichen Bauern als Wegproviant geschenkt.
Außerdem wachsen hier Mandarinen, Orangen, Kaki, Weintrauben und Quitten an jeder Ecke und freuen sich darauf von uns verspeist zu werden. Doch das ist längst noch nicht alles, denn das Tal ist ebenfalls gesäumt von Feigen-, Nuss- und natürlich Olivenbäumen. Auch Tabak wird teilweise angebaut und wir erblicken die trocknenden Blätter in einer kleinen Scheune.
Die Früchte werden eher auf kleinen Plantagen oder besser gesagt großen Gärten angebaut. Gefühlt alle hundert Meter beginnt ein neuer Abschnitt. Die Konventionelle Landwirtschaft hat hier wohl noch nicht zugeschlagen. In vielen Gärten sehen wir eine Hand voll Erntehelfer:innen, die die Früchte sammeln und in Kisten verstauen. Immer wieder überholen uns kleine Transporter mit leicht überladener Früchte-Fracht. Es ist eine wunderbare und leckere Fahrt durch das grüne, fruchtbare Tal des großen Mäanders.
Am Abend verstecken wir uns zwischen den Orangenbäumen und bauen unser Zelt auf. Kurz nach dem Sonnenuntergang tuckert ein Traktor, beladen mit der ganzen Familie, auf der Straße vorbei. Als sie auf unserer Höhe sind bricht ein großes Gequassel aus und einen Augenblick später biegt der Traktor auf den Feldweg ein. Erwischt! Es ist die Familie, in deren ‚Obstgarten‘ wir unser Zelt aufgestellt haben. Schnell wurschteln wir ein paar Brocken türkisch zusammen: „çadir … bir … gece … lütfen?!“ Was so viel heißt wie „Zelt, eine, Nacht, Bitte!“ Der Gesichtsausdruck des Familienvaters verliert die ernste Miene. „bisiklet … Almanya – Türkiye“ fügen wir hinzu und deuten auf unsere Räder. Die anderen Familienmitglieder kommen näher, Tuscheln und Lächeln interessiert. Auch der Vater ist jetzt wohlwollender gestimmt. Der Traktor fährt mit der ganzen, winkenden Familie davon und wir können ganz entspannt in unser Zelt kriechen.
Weiter flussaufwärts wird die Landschaft trockener. Immer weniger Orangenbäume zieren unseren Weg. Stattdessen erblicken wir immer häufiger große Maisfelder. Wir streifen sogar ein Erdgasfeld. Aus den kleinen Baumwollfeldern werden große Plantagen, die mit speziellen Mähdreschern und nicht mit Hand bewirtschaftet werden. Das vermutlich niedlichste türkische Wort pamuk steht für Baumwolle, die wir nun fast überall um uns herum erblicken können.
Kurz vor Sonnenuntergang fahren wir dann auf einen großen, weißen Berg zu. Wir erreichen Pamukkale, die weiße Baumwollburg. Wenn man die Sinterterassen erblickt, die durch kalkhaltige Thermalquellen entstanden sind, dann machen sie ihrem Namen wirklich alle Ehre. Leider ist das besondere Naturphänomen an manchen Stellen aber nicht mehr so weiß, wie die weiße Watte, die aus der reifen Baumwollkapsel herausquillt. Das liegt vor allem am Massentourismus der letzten Jahrzehnte. Doch zum Glück wurde die Reißleine gezogen und Pamukkale soll gerettet werden, nachdem der UNESCO Weltkulturerbe Titel schon kurz vor der Aberkennung stand. Aus diesem Grund wurden Hotels innerhalb der historischen Anlage rückgebaut, man darf das imposante Naturschauspiel heute nur noch barfuß betreten und nicht mehr in den Thermalquellen baden.
Wir starten vor Sonnenaufgang zu den Terrassen und sind im Nachhinein sehr froh darüber. In den Morgenstunden war es ruhig und wir konnten die Natur vollends genießen. Barfuß laufen wir über den kalten, harten, unangenehmen Kalk. Überall rinnt das Wasser uns entgegen und umso höher wir kommen, desto wärmer wird das Thermalwasser. Durch die Kalkablagerungen bekommt die Oberfläche ein strukturiertes Relief und das Wasser sucht sich immer wieder neue Wege. Größere Ablagerungen führen zu einer terrassenartigen Poolbildung. Das Zusammenspiel aus Licht, Kalk und Wasser lassen diese natürlichen Becken in wunderschönen Farben erstrahlen.
Später triff ein Bus nach dem anderen ein. Schon bald strömen die Menschen herbei, um in Kleidern, mit Flügeln und Selfiesticks vor den Terrassen zu posen. Wir flüchten in die mindestens genauso sehenswerte, antike Ruinenstadt Hierapolis, die sich hinter den Kalkterrassen erstreckt. Sie gehört wohl nicht zu den gängigen Fotomotiven und bleibt dadurch ziemlich leer und fernab der Menschenmengen. Wir staunten mal wieder über das, was hier einst erschaffen wurde. Hierapolis war schon in der Antike berühmt für die warmen Quellen. Das kalkhaltige Wasser diente einst nicht nur als Spa-Bereich, sondern auch zur Färbung von Wolle und Textilien. Es bildete damit die Grundlage für den Reichtum der Stadt, den man heute noch erahnen kann, wenn man auf der aus Marmorstein gepflasterten Hauptstraße steht oder im gut erhaltenen Theater auf die Grabungsstätte, Pamukkale und die Berge blickt.
Nach diesem doch sehr touristischen Ort freuen wir uns aufs Weiterradeln und wenige Kilometer nach dem Start erleben wir bereits wieder eine ganz andere Türkei. Die Menschen grüßen alle freundlich, es wird viel geerntet und uns kommen allerhand mit Früchten beladene Traktoren entgegen. Zunächst erwartet uns eine sehr staubige, trockene und felsige Landschaft, aber schon bald radeln wir wieder durch den bunten Herbst. Überall sehen wir steinerne Wasserstraßen zur Bewässerung der Felder. Hin und wieder hält ein Auto an und wir werden gefragt, ob wir Hilfe brauchen und uns wird der Weg erklärt.
Gegen Abend holen wir uns Wasser an einem Moscheebrunnen und begeben uns dann auf die Suche nach einem geeigneten Platz für unser Zelt. Da wir ziemlich im Eimer sind, wollen wir diesen möglichst noch vor dem Anstieg in die Berge finden. Wir biegen in einen Feldweg ein und hoffen auf ein Plätzchen unter den Herbstbäumen. Irgendwann entdecken wir einen Mann und fragen, ob wir vielleicht unter einem seiner Bäume zelten dürfen. Er sitzt in seinem weißen Plastikstuhl im Garten und schaut uns zunächst etwas verwirrt an. Doch als er verstanden hat, was wir ihn fragen wollen, nickt er freudig mit dem Kopf. Wir bauen unser Zelt also im Laub auf, spielen nebenbei mit dem hyperaktiven Hund und Ahmet schaut uns dabei zu. Währenddessen kommt eine Hirtin mit Schafen auf einen kurzen Schnack vorbei und wenig später ein Mann, der Ahmet Brot vorbeibringt.
Als das Zelt steht, gibt er uns zu verstehen, dass wir uns Tomaten und Lauch aus dem Garten nehmen sollen. Wenig später führt er uns auch noch zu den Weintrauben und Quitten auf den Nachbarbarfeldern. Mit all den leckeren Sachen bereiten wir unser Abendessen zu und bringen Ahmet einen Teller vorbei. Er freut sich riesig.
Irgendwann ertönt ein „Isaaaabel, Biiiim, komm, komm!“ aus seinem Häuschen und so finden wir uns wenig später auf seinem Teppich mit einem Çay in der Hand wieder und unterhalten uns mit unserem rudimentären Türkisch, Händen und Füßen. Er kann es genau so wenig fassen wie wir, dass wir jetzt bei ihm im Wohnzimmer sitzen und ist der Meinung, dass Allah uns geschickt haben muss. Später holt er noch einen Plastikeimer rein, wo Honig von seinen eigenen Bienen drinnen ist. Er gibt uns zu verstehen, dass wir mal ein paar richtige Löffeln nehmen sollen und nicht nur solche Minihappen. Die Sorge, dass wir auch immer genug essen, ist in der Türkei genau so verbreitet wie bei unseren Großeltern. Irgendwann verabschieden wir uns ins Zelt. Ahmet sagt wir sollen in seine Hütte kommen, wenn es uns zu kalt wird. Ganz erfüllt von diesem Abend laufen wir unter unseren Herbstbaum, duschen noch schnell unterm Wassersack und mummeln uns in unsere Schlafsäcke ein, denn mittlerweile werden die Nächte schon wieder richtig kalt.
Ahmet lebt allein in einer kleinen Hütte umgeben von Natur. Die Hütte hat anderthalb Räume und diese werden als Küche, Schlaf- und Wohnzimmer sowie als Lagerraum und Werkstatt genutzt. Er erzählt uns, dass er bald wieder in die stickige, volle Millionenstadt Denizli muss. Er habe da ein Zimmer, denn im Winter ist es einfach zu kalt hier draußen. Er wirkt traurig, als er uns dies erzählt und wir können ihn verstehen.
Auch am nächsten Morgen erklingt wieder ein „Isaaaabel, Biiiim, komm, komm“ und in Ahmets Häuschen lodert schon der türkische Ofen und in der Küche ist es herrlich warm. Wir trinken Çay und bekommen obendrauf noch ein leckeres Frühstück mit frischen Eiern von seinen Hühnern serviert. Ahmet sagt immer wieder, dass wir doch noch bleiben sollen. Er wirkt etwas einsam, was den Abschied umso schwerer macht.
Wir kommen schnell ins Schwitzen, denn es geht direkt knackig nach oben und wir sind umso dankbarer, dass wir so ein gutes Frühstück hatten. An einem der vielen Brunnen, wo nicht nur wir, sondern auch viele Einheimische ihre Wasservorräte auffüllen, bekommen wir Orangen und Granatäpfel geschenkt und auch die vorbeifahrenden Autos erheitern durch ihr Hupen und Winken unsere Fahrt über diese wunderschöne Bergstraße noch zusätzlich.
Kurz nach dem Pass halten wir Ausschau nach einem Picknickplatz und werden auch irgendwann an der Straße fündig. Aber nach dem Aufbauen des Kochers kam wieder alles anders. Ein Auto fährt an uns vorbei und kommt ca. 50 Meter später abrupt zum Stehen. Eine Frau steigt aus, kommt hektisch auf uns zugelaufen und fragt, was wir denn hier machen? Sie besteht darauf uns einzuladen. Wir sollen die Straße noch etwas weiter bergab fahren, dann werden wir ihr kleines Haus mit ihrem Auto davor schon sehen.
Wir rollen den Berg weiter nach unten und finden das Häuschen. Mit einem herzlichen Lächeln werden wir herein gewunken. Der Vorraum der Küche zeugt von einer guten Kürbisernte und wir werden in das gemütliche Wohnzimmer geführt. Rosas Mutter hat extra den Kamin angemacht und wenn man dann davorsitzt, spürt man erstmal, wie kalt es draußen eigentlich ist. Während die zwei Frauen ein köstliches Essen zaubern, sitzen wir auf dem Fußboden und machen uns mit dem kleinen Sohn Veli Hamza bekannt.
Das Essen ist fertig und wir speisen auf türkische Art. Dafür wird als erstes eine Decke auf den Boden gelegt. Darauf wird ein ca. 20 cm hohes Holzkonstrukt gestellt, welches als Tischbein für die große, runde Aluplatte fungiert. Der Tisch wird gedeckt mit vielen kleinen und großen Schüsseln, das Brot wird im Kamin geröstet und wir nehmen neben dem Tisch Platz. Die auf dem Fußboden liegende Decke werfen wir uns nun über die Beine: „Afiyet olsun!“
Rosa arbeitet in einem Hotel in Antalya, sie spricht fließend Deutsch und Englisch. Ihre Mutter wohnt eigentlich in Denizli, doch um der Pandemie in der Großstadt zu entkommen, haben sie sich ein Container-Haus als Zufluchtsort in der Natur gesucht. Seither ist dies Rosas kleines, großes Projekt. Neben dem Haus befindet sich ein großer Garten, den sie mit viel Liebe hegt und pflegt. Sie führt uns durch all die Paprika- und Tomatenstauden. Überall wachsen Kräuter, Lavendel und Blumen. Man spürt ihre Leidenschaft dafür, wenn sie mit Stolz über neue Projekte spricht.
Bevor wir uns wieder auf den Weg machen, zeigt Rosa uns noch wie man einen richtigen, türkischen Kaffee aufbrüht, den wir dann natürlich noch zusammen genießen. Außerdem gibt es zum Abschied noch einen Çay, denn ohne geht es einfach nicht! Wir verabschieden uns herzlich und sind schon wieder überwältigt von dieser herzlichen Gastfreundschaft! Mit einem so wunderbaren Gefühl im Bauch radeln wir in schöner Abendstimmung die Berge hinunter in das Tal von Acıpayam.
Durch die unverhoffte Einladung erreichen wir unsere heutigen Gastgeber, die wir über warmshowers gefunden haben, erst im Dunkeln. Es wird ziemlich frisch und wir freuen uns umso mehr über die herzliche Begrüßung von Mehmet und Cansu in ihrer muckeligen Wohnung. Nach einer warmen Dusche fahren wir in ein leckeres, uriges Piderestaurant und verbringen einen lustigen Abend bei köstlichem Essen.
Als Lehrer und Lehrerin sind die beiden doch eher etwas unfreiwillig in der Gegend. Eigentlich wären sie lieber am Meer in Izmir. Doch es ist wohl ähnlich wie in Deutschland. In den beliebten Gebieten wollen alle unterrichten und andernorts fehlt das nötige Personal. Also verschlug es die beiden nach dem Studium zunächst an eine kleine Schule auf dem Land etwa 40 km entfernt von Acıpayam. Doch die Chancen auf eine Versetzung stehen nach ein paar Jahren wohl nicht allzu schlecht. Wir drücken den beiden auf jeden Fall die Daumen.
Am nächsten Morgen sitzen wir nach einem leckeren kahvalti mit Mehmet und Cansu bereits vor dem Sonnenaufgang auf den Rädern. Es ist bitterkalt und nach einigen Metern durch die Stadt werfen wir uns lieber noch eine lange Hose über und holen die Handschuhe raus. Wir haben uns mit Mehmet und Cansu in ihrer Schule verabredet und verbringen eine Sportstunde mit Mehmets Klasse, die aus lediglich acht Schülerinnen und Schülern besteht. Da komme ich als Lehrerin natürlich direkt ins Träumen. Doch Mehmet erklärt uns schon bald, dass dies auch für die Türkei eine unnormale Klassenstärke ist. Anfangs sind die Kinder noch etwas zurückhaltend, doch dies ändert sich bald. Die Neugier siegt und jetzt fragen sie uns aus.
Unser nächstes Ziel, das Mittelmeer, ist nur noch knappe hundert Kilometer und einige tausend Höhenmeter entfernt. Seit wir das Tal des großen Mäanders in Pamukkale verlassen haben, überwinden wir täglich ca. 1.500 Höhenmeter. Es ist schon erstaunlich, wie sich unsere Körper an die Anstrengungen gewöhnt haben.
Wir radeln auf einer schönen, kleinen Straße durch die bergige Landschaft mit schroffen Felsen und grünen Pinienwäldern, die uns duftend auf das Mittelmeer einstimmen. Der Unterschied zwischen warm und kalt ist in diesen Tagen sehr stark zu spüren. In den schattigen Tälern ist der Raureif bis in die Mittagsstunden auf den kahlen Sträuchern und Bäumen zu sehen. Bei Anstiegen in der Sonne strampeln wir in kurzen Sachen schwitzend bergauf. Auch am Abend halten wir es nicht lange ohne Sonne aus und verschwinden mit dem Sonnenuntergang in unserem Zelt. Am nächsten Morgen ist unser Zelt mit einer Eisschicht bedeckt, das Wasser in unseren Flaschen ist gefroren. Ein paar Stunden später sind wir wieder restlos aufgetaut und schwitzen die Berge hinauf. Unsere Beine brennen von den Anstiegen, doch die wunderschöne Berglandschaft puscht uns immer wieder. Nach dem wir wissen, dass unsere Beine die Anstrengungen überwinden können, ist der Rest nur noch Kopfsache und mit jedem Meter bergauf wird man optimistischer. Stück für Stück, Tritt für Tritt, Serpentine für Serpentine, Meter für Meter! Und mit einmal steht man am Passschild, an der geologischen Grenze zwischen Ägäis und Mittelmeer, auf ca. 1.500 m Höhe.
Wir genießen den Moment, den Ausblick, die Berge, dann rollen wir ca. 30 km bergab nach Fethiye, ans Mittelmeer. Dachten wir jedenfalls, denn ein kleiner Anstieg lag noch vor uns. Gute 10 % mussten wir nochmal 50 Meter nach oben. Jetzt spürten wir unsere Beine aber richtig. Die Oberschenkel brennen bei jedem Tritt. Erschöpft aber überglücklich erreichen wir am Abend Fethiye. Wir sind am Mittelmeer!
Liebe Türkeireisende!
Die Gastfreundschaft in der Türkei ist wirklich enorm. Wir Studentinnen waren davon Mitte der 80 er Jahre richtig beschämt, weil es in Deutschland den Gastarbeitern nicht so toll erging…Efes und Pamukkale haben wir uns auch ausgiebig angeguckt. Kleinanzeigen war eben Mal griechisch…. In den Sinterterrassen haben wir noch mit den Füßen gebadet und im Hotel nebenan lagen antike Säulen im Swimmingpool. Heute sehen die Terrassen wie geschmolzen aus. In Efes war die Bibliothek der 🔨. Soviel wie heute war damals noch nicht ausgegraben…. Weiterhin spannende Erlebnisse wünschen euch Renate und Karen ☀️🌊🌅
Danke ihr beiden. Hoffentlich können wir nach unserer Reise ein bisschen mehr Gastfreundschaft in Deutschland etablieren. Lasst es euch gut gehen.
Hallo ihr Zwei sportliche Radreisende,
euer Blog erzählt so spannend von eurer Zeit in der Türkei. Ein echt gastfreundiiches, wunderbares, vielfältiges Land, besonders abseits der Touristenhochburgen und außerhalb der Saison.
Beim Verfolgen eurer Route stelle ich fest, dass ihr auch über Konya geradelt seid. Wir waren vor drei Jahren dort und sehr beeindruckt wie untypisch diese Großstadt ist. Habt ihr die Radwege dort genutzt? Nie hätte ich in der Mitte des Landes damit gerechnet, ausgerechnet Radwege als Popup zu sehen.
Dort lag nirgendwo Müll in der Gegend herum – das hatten wir noch nicht erlebt.
WIe schön, dass jetzt Maßnahmen getroffen wurden, Pamukkale zu schützen. Wie waren über die Massen von Touristen verblüfft, die in langen Schlangen auf den Zugang warteten. Im Winter gab es sicher nicht viele Touristen, da konntet ihr dieses Naturschauspiel in Ruhe genießen.
Ich bin gespannt auf die berichte aus Georgien.
Susanne
Liebe Susanni, wie toll, dass du auch auf ähnlicher Route unterwegs warst. Die Radwege da hätten wir auch nicht vermutet,deshalb war die Freude umso größer als wir abends ankamen und im Dunkeln durch die Stadt mussten bei ziemlich viel Verkehr. Asphaltierte Radwege sind da wahrlich ein Segen. Bleib gesund und bis ganz bald!